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Von der Biographie zur Psychotherapie. Therapieformen entspringen aus Lebensläufen

Nach dem Studium der Lebensläufe von Rogers und Perls fasste ich zusammen: „Wie das Leben, so die Therapie“. Aus dem wilden, wechselhaften Leben des Frederic Salomon Perls entsprang eine Therapie, in der es vor allem um Lebendigkeit geht. Aus der Erfahrung eines religiös orthodoxen Elternhauses entstand bei Carl Rogers der lebenslange Drang, sich für die freie Entfaltung des Denkens und Fühlens einzusetzen.

Von Künstlern wusste man schon immer, dass sich ihr Leben in ihrem Werk widerspiegelt. Wusste man, dass dies auch für die Begründer großer Therapieformen gilt? Bei den Vätern der Gestalt- und der Gesprächstherapie ließ sich das, glaube ich, gut zeigen.  Für andere bekannte Psychotherapeuten hat Gabriele Fürst-Pfeifer eine sehr umfassende und aufschlussreiche Arbeit vorgelegt: „Biographie und (un)bewusste Berufswahlmotive von Psychotherapeuten“. (München, Münster, Berlin, 2013).

Sie berichtet, dass Milton Erickson, „amerikanischer Psychiater und Psychotherapeut, der die Begründung der Hypnotherapie mitprägte, ein wichtiger Vertreter jener Menschen ist, deren Berufswahlmotivation aus mehrfachen körperlichen und neurologischen Einschränkungen begründet ist“. (S. 70) Er wurde bereits mit sensorisch-perzeptiven Problemen geboren und erkrankte im Alter von 17 Jahren an Kinderlähmung. „Seine eigenen Rehabilitätsbemühungen führten ihn jedoch dazu, dass er nicht nur seine Genesung unterstützte, sondern dabei auch klassische hypnotische Phänomene wiederentdeckte, indem er sie an seinem eigenen Körper therapeutisch nutzte.“ ( S . 70) „Er erreichte Heilerfolge bei sich selbst, in einem Ausmaß, dass er wieder ohne Krücken gehen und zudem eine enorme körperliche Stärke entwickeln konnte. Er leistete umfangreiche hypnotherapeutische Arbeit mit Klienten und verfasste zahlreiche Arbeiten über Trance und hypnotische Wirklichkeiten.“

Von Albert Ellis, dem Begründer der „Rational-Emotive Therapy“ zitiert Fürst-Pfeifer aus einem Aufsatz: „Warum bin ich wirklich Psychotherapeut geworden? Kurz gesagt: weil ich mir in erster Linie selbst helfen und ein weniger ängstlicher, glücklicherer Mensch werden wollte. In Wahrheit und vor allem wollte ich mir selbst helfen. Mir, nur mir.“ Etwas weiter unten schrieb Ellis: „Ich helfe mir selbst und versuche es dabei so einzurichten, dass andere auch davon profitieren. Sowohl als auch, nicht entweder oder.“ (Meine Übersetzung, Original hier S.71)

Über den berühmtesten aller Psychotherapeuten, Sigmund Freud, ist reichlich viel geschrieben worden, natürlich auch darüber, dass sich die Psychoanalyse aus Freuds Biographie erschließen lasse. Hier zwei Beispiele:
Freud verfasste eine Schrift mit dem Titel: „Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci“. Der Kunsthistoriker Andreas Hauser greift die Ausführungen auf und benutzt selbst die Überschrift: “Freuds Selbstporträt als Leonardo da Vinci“. Mit Belegen, die hauptsächlich aus Freuds Briefen stammen, weist Hauser nach, dass Freud den Leonardo erinnern lässt, was seine eigenen Kindheitserinnerungen sind. Darüber hinaus aber, sieht Hauser die wichtigsten Züge der Freudschen Persönlichkeit in der Sichtweise des Leonardo repräsentiert. Freud bewundert in Leonardo da Vinci den Neuerer, das Genie, das durch innere Kämpfe und durch Zeiten der Unproduktivität gehen muss, um dann in plötzlicher Einsicht Gigantisches, Geniales zu erschaffen. Freud selbst, so argumentiert Hauser, hatte diesen unermüdlichen Schaffensdrang, kannte aber, genau wie Leonardo, die unproduktiven, schwermütigen Zeiten. Getrieben davon, ein Held des Geistigen zu sein, fand er jedoch immer wieder zurück zu jener ganz besonderen, wissenschaftsorientierten Kreativität. 

„Ohne das messianische Sendungsbewusstsein und den tiefen Glauben an den Allgemeinnutzen der eigenen Schöpfung, die sich im Leonardo Essay manifestieren, hätte ein so kühnes Werk wie das Freudsche wohl gar nicht entstehen können.“ (Hauser, S. 12) Das Gesamtwerk umfasst 18 Bände und 6315 Seiten.

Eine zweite Arbeit, die mir erwähnenswert erscheint, stammt von Marianne Krüll und trägt den Titel: „Freud und sein Vater“. (Veröffentlicht in: Freiburger Universitätsblätter, 1983. Unter dem gleichen Titel auch als Buch erschienen). Darin geht es unter anderem um die familiendynamischen Hintergründe der Psychoanalyse. Krüll stellt eine sozialhistorische Untersuchung an um herauszufinden, weshalb Freud seine Lehrmeinung kurz nach dem Tod seines Vaters änderte. Sie schreibt:
 „Un zu verstehen weshalb die Vorkommnisse dennoch für Freud traumatisierend und prägend waren, müssen wir uns in die Welt des Judentums in Österreich in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückversetzen, in der Freud lebte. Wir müssen sogar noch weiter zurückgehen in die Zeit, als sein Vater Jakob in Galizien - heute Ukraine - im orthodox-jüdischen Milieu heranwuchs, dort eine Familie gründete und als Wanderjude den weiten Weg bis nach Mähren und Wien mehrmals im Jahr zurücklegte und dann kurz vor Sigmunds Geburt den Sprung in das aufgeklärte Assimilationsjudentum wagte. Die Spannungen, die sich hieraus für das Kind Sigmund ergaben, können wir nur erahnen. ( Viele Menschen, die sich heute in unseren westlichen Ländern als weitgehend ungewünschte Fremde heimisch zu machen versuchen, sind in einer ähnlichen Lage!) Lassen Sie sich also dazu verführen, mit mir eine Reise in die Vergangenheit zu machen. Sie führt zunächst nach Tysmenitz, der Geburtsstadt Jakobs in Galizien.“ ( S.2)

Wir erfahren, dass Jakob bereits vierzig Jahre alt war, als er 1855 zum zweiten Mal heiratete. Amalie, seine neue Frau, war 19 Jahre alt. Ein Jahr später, 1856, wurde Sigmund geboren. Aus Jakobs erster Ehe gab es zwei erwachsene Söhne, die im selben Dorf wohnten. Phillip, einer der Stiefbrüder Freuds, war genauso alt wie Amalie und könnte durchaus mit ihr mehr als nur ein freundschaftliches Verhältnis gehabt haben. So erscheint nach Krüll, die Entstehung der Theorie vom Ödipuskomplex noch einmal in einem neuen Licht. Sigmund hätte demnach nicht nur mit dem Vater um die Liebe der Mutter konkurriert, sondern auch mit dem Halbbruder, der in vielerlei Hinsicht den Platz des Vaters einnahm, wenn Jakob auf Handlungsreise war.

Diese Andeutungen müssen genügen. Es ging hier nur darum weitere Beispiele anzuführen, die zeigen, dass Therapieformen mit den Lebensumständen ihrer Begründer verknüpft und verwoben sind.

Wenn sich aber, was therapeutisch wirksam ist, nur unter Miteinbeziehung der Lebensdaten des Therapeuten verstehen lässt,  dann ist doch Psychotherapie etwas durch und durch Subjektives, genau wie ein Kunstwerk einmalig und unverwechselbar. Wie soll sich daraus eine Lehre bilden lassen? Wie  soll man das unterrichten?
 Damit es Gestalttherapie nach Fritz Perls wird, müsste doch jeder angehende Therapeut zwei Kriege miterlebt haben, den Expressionismus, den Dadaismus, die Flucht aus Nazi-Deutschland und ein Leben in den USA der Hippiezeit. Unsere Studenten wuchsen aber im Nachkriegsdeutschland auf, die meisten in der Wirtschaftswunder-Zeit. Ihre Eltern sind nicht politisch oder aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit verfolgt und leiden keine materielle Not.

Wie können unsere Schüler in ihrer therapeutischen Arbeit die Souveränität und Präsenz eines über Siebzigjährigen bieten, wenn sie sich erst vor wenigen Jahren zum ersten Mal die Frage nach dem „Wer bin ich“ gestellt haben? Kurz: Wenn die Besonderheit einer Therapierichtung auf die Lebenserfahrung ihres Begründers zurückgeht, wie soll daraus etwas geformt werden, das allgemein gültig ist? Wie sollen daraus Lehrinhalte entstehen, die, zum Beispiel, alle zwei Jahre einer neuen Ausbildungsgruppe von Gestalttherapeuten  vermittelt werden können?

Fritz Perls war sich dieser Eigentümlichkeit wohl bewusst. Er hat daher auch kein Kurrikulum hinterlassen. Er gab die „Geheimnisse“ der Gestalttherapie von Mund zu Ohr weiter, so wie es große Meister vor ihm auch getan haben. Christus, Gautama Buddha, Sokrates und viele andere erleuchtete Lehrer schrieben keine Bücher. Sie sprachen zu ihren Schülern und sie lebten vor, was sie lehrten. Fritz Perls beanspruchte für sich nicht erleuchtet zu sein, dennoch stand er in einer Art Zen-Tradition. Er unterrichtete durch Vormachen und Teilhabenlassen. Er arbeitete mit seinen Studenten therapeutisch und zwischendurch, immer beispielsbezogen, ließ er sie an seinen Ansichten und Einsichten teilhaben.

Wir vertreten ebenfalls die Position, dass Erfahrungslernen jeder anderen Art von Lernen überlegen ist. Zukünftige Therapeuten müssen Handlungskompetenz erwerben. Die lernt man nicht aus Büchern. Neben diesem „learning by doing“  halten wir aber die Beschäftigung mit dem Zweitgeist, aus dem heraus Fritz Perls seine neue Therapieform entwickelte, für durchaus hilfreich. Intellektuelle und praktische Schulung haben aber nur Wert, wenn sie getragen sind von der Haltung des Therapeuten, wie sie Carl Rogers gefordert und praktiziert hat: Eine Haltung der Authentizität, der Akzeptanz und der Empathie.

Geleitet von diesen Überlegungen haben wir deshalb eine Ausbildung entworfen, die drei Hauptstränge verfolgt:  
1.  Gestalttherapie erfahren aktiv und passiv.
2. . Beschäftigung mit den Quellen des Wissens aus denen
       Fritz Perls (und Carl Rogers) schöpfte.
3. . Immer wieder die Aufmerksamkeit auf die Haltung des Therapeuten richten.

Die erste Aufgabe heißt: wir erarbeiten die geistigen Hintergründe aus denen Fritz Perls seine gedanklichen Grundlagen und Anregungen bezog. Jeder Student soll eine Idee von jenem Gedankengut bekommen, das Fritz Perls in den ersten 50 Jahren des 20.Jahrhunderts zugänglich war:
- die Gestaltpsycholgie
- die Phänomenologie
- das organismische Denkens eines Kurt Goldstein
- das Psychodrama von Jakob Moreno,
- Wilhelm Reich und das Miteinbeziehen des Körpers in die Psychotherapie,
- die schöpferische Indifferenz von Salomon Friedländer
- das Menschen- und Weltbild der deutschen und französischen Existenzialisten
- Lore Perls und die Körperarbeit, die sie bei Elsa Gindler kennenlernte
- die politische Haltung der deutschen Linken, die sich gegen den
   Nationalsozialismus formierte,
- die Feldtheorie von Kurt Lewin
- Paul Goodman und seine anarchistischen Denkansätze,
- Zen-Buddhismus und die Erfahrung der Leere

Der zweite Strang formt sich um das Thema Selbsterfahrung. Jeder Mensch hat ein Selbstbild, das ist meist eher unbewusst. Therapeuten jedoch, müssen sich dessen bewusst sein. Sie müssen also selbst Therapiesitzungen nehmen und Sitzungen geben, um zu erfahren, was da im Inneren passiert. Wie sich jemand fühlt, der unter Begleitung den schier unerträglich Schmerz der Trennung von einer geliebten Person noch einmal erlebt, und wie großartig es ist, sich endgültig davon zu befreien. Zu sehen, dass wir keine hilflosen Kinder mehr sind und dass wir im Hier und Jetzt keinen Mangel haben, sondern uns als Erwachsene frei und selbstbewusst in der Welt bewegen können.    

Der dritte Gesichtspunkt, in dem es um die Haltung geht, ist praktisch von der Beschäftigung mit den Werkzeugen des Therapeuten und von seiner geistesgeschichtlichen Verortung nicht abzulösen. Hier zeigt sich dann, dass die drei Stränge ineinander übergehen: Die Haltung des Therapeuten, sein Selbstbild, seine gedankliche Position und das Umsetzen all dessen in der täglichen Praxis. Es kommt also darauf an, die Einzelbereiche zwar zu benennen, sie aber immer als zusammengehörig zu verstehen. Also eine eher fließende Angelegenheit Wie dynamisch diese Selbsteinsicht auch sein mag,  irgendwo in all der Bewegung werden sich Strukturen und Prägungen zeigen, die zu kennen für den zukünftigen Therapeuten unverzichtbar ist.  Da wird er seine Eigenart, seine Individualität finden und das halten wir für Wesentlich, weil wir nicht möchten, dass unsere Absolventen versuchen, ein Rajan oder eine Deva Prem zu werden und noch viel weniger wünschen wir, dass wir lauter Möchtegern-Fritze entlassen.

Denn Fritz arbeitete, wie Fritz lebte und du wirst arbeiten, wie du lebst.

Dabei kommt es nicht auf die Einzelheiten an – man muss kein Kriegsteilnehmer, Schauspieler, Psychoanalytiker oder Zen-Schüler sein – es kommt vielmehr auf die Bewusstheit, auf Wachheit an.
Die ersten Schritte gehen natürlich dahin, die äußeren Umstände des eigenen Lebens zu erinnern. Der materielle und existentielle Rahmen der persönlichen Vergangenheit und Gegenwart kann transparent werden. Die Beziehungen zu den Geschwistern, zu den Eltern, zu Freunden, Tanten, Onkeln werden in den Blick treten. Es wird dir klar was du hast, was du kannst und wer du in der äußeren Welt bist oder zu sein glaubst. Das wird schon einige Zeit in Anspruch nehmen. Bei der eigentlichen Selbsterkundungsarbeit aber geht der Blick nach innen und die Reise nach innen ist zeitlich unbegrenzt.

Es ist interessant und hilfreich auf die Lebensumstände und Prägungen zu schauen, wichtig ist dennoch nur die Art und Weise, wie wir verarbeitet haben und verarbeiten, was wir erlebten und erleben. F. Perls legte fest: Es gibt nur zwei wichtige Worte: Now and How! Hier und Wie! In diesem Punkt ist es allerdings erwünscht, dass wir gute Schüler von Perls oder Rogers werden: nicht in der Nachahmung von Einzelheiten, sondern in der Haltung. Wie ging Fritz Perls um, mit dem was er erlebte? Tausende von Zeitgenossen erlebten wie er zwei Kriege, verloren geliebte Menschen, mussten ethnische Diskriminierung ertragen, aber nur einer von ihnen wurde ein Fritz Perls. Und Warum? Weil er seine Erlebnisse auf seine spezifische Art in seinem Innern verarbeitete.

Nach dem Blick auf die beiden Biographien fällt es mir leichter zu formulieren, was wir stärken wollen: Eine autonome, autarke Art Erlebnisse zu Erfahrungen zu verarbeiten. Es ist unerlässlich Ereignisse im Innern so zu prozessieren, dass sie Teil unserer selbst werden.

Fritz Perls stellte eine Analogie her, zwischen der Aufnahme von Nahrung und der Verarbeitung psychischer „Stoffe“. Er nannte den Prozess der Verwandlung von Fremdem in Eigenes „Assimilation“. Wir müssen Nahrung so weit zerkleinern, dass die daraus gewonnenen Bausteine im Blut transportiert und von den Körperzellen aufgenommen werden können. Die gesunde Reaktion wäre, auszuscheiden was wir nicht zum Aufbau brauchen. Oft halten wir aber Stoffe in uns fest, die uns schaden. Wir wollten sie nicht in uns haben, aber wir wurden gezwungen, sie aufzunehmen. Darum werden wir  krank. So verhält es sich auch mit psychischen Inhalten: Wir wurden zum Beispiel darauf dressiert, nicht zu fühlen was wir fühlen. Die Eltern sagten, „so ist es nicht, deine Wahrnehmung ist verkehrt“. Daher haben wir verlernt, anzunehmen und zu behalten, was uns aufbaut und abzuweisen, was uns schwächt.
Wir wünschen, dass jeder Student bei uns die Kunst der Wahrnehmung wieder erlernt und damit auch die Fähigkeit zurückgewinnt, Ja und Nein zu sagen nach seinem eigenen momentanen Empfinden, nicht nach einem veralteten inneren Programm. 
      
An der Art er selbst zu sein, wird man den Gestalttherapeuten erkennen.


Rajan Roth 20.5.2017



 https://institut-transpersonale-gestalttherapie.de/Buch.html








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